0,001 Prozent genau!
Auch wenn eine mechanische Uhr nicht haargenau mit der Präzision einer Atomuhr arbeitet, so gibt es keinen Grund zur Unzufriedenheit. Das Zeitzeichen wird durch die schrankgroße Cäsium-Zeitbasis der Physikalischtechnischen Bundesanstalt in Braunschweig unter optimalen Raum- und Temperaturverhältnissen vermittelt.
Eine Armbanduhr arbeitet unter ungleich schwereren Bedingungen. Ihr Gang wird durch Lagenveränderung, schwankende Temperatur, Magnetismus, Staub, Kondenswasser, unregelmäßiges Aufziehen und Ölen nachteilig beeinflusst. Trotzdem zählt sie jeden Tag 86400 Sekunden ab. Und wenn sie auch etwas variiert, so ist sie immer noch recht nahe an der 100%-Präzision!
Geht eine mechanische Uhr nur eine Sekunde pro Tag vor, so hat sie eine Gangabweichung von 0,0011 Prozent! So gesehen geht die Uhr enorm genau.
Schneller als die Eisenbahn
Welches Rad dreht sich schneller, das Triebrad einer Lokomotive oder die Unruh einer Armbanduhr? Die Triebräder einer Lokomotive, die mit 90 Kilometer Stundengeschwindigkeit fährt, drehen sich nur halb so schnell wie z.B. die Unruh mit 36 000 Halbschwingungen pro Stunde in einem Chronographen. Es klingt fast unglaublich, aber die Uhr leistet noch mehr: Sie arbeitet nicht nur einige Stunden (wie die Lokomotive), sondern jahraus, jahrein volle 24 Stunden am Tag.
Mit 0,000 000 01 PS um die Welt
Kennen Sie die Maschine, die eine solche Leistung vollbringt? Es ist ein mechanisches Uhrwerk. Die Unruh einer Uhr, angetrieben durch die Uhrfeder, deren Kraft einem Hundert-Millionstel einer Pferdekraft entspricht, macht täglich mindestens 432000 Halbschwingungen (18 000 A/h). Ein Punkt auf der Peripherie dieses Rädchens legt dabei täglich 20 km, also in 5 1/2 Jahren cirka 40 000 km, gleich dem Erdumfang, zurück. Ein Uhrwerk ist damit eine der leistungsfähigsten Maschinen der Welt!
Mehr Leistung als ein Auto
Wenn sich das Rad eines Automobils 120 Millionen Mal gedreht hat, so hat der Wagen ca. 250 000 km zurückgelegt. Wir zählen ihn zum alten Eisen. Die Unruh eines Schnellschwinger-Werkes (z.B. EI Primero) macht aber pro Jahr 315 360 000 Bewegungen. Nach 10 Jahren sind es drei Milliarden, 153 Millionen und 600 000 Halbschwingungen. Die Uhr wird immer noch funktionieren. Aber es dürfte verständlich sein, dass sie dann eine kleine Inspektion benötigt. Die enorme Arbeitsleistung einer mechanischen Armbanduhr ist nur möglich dank der Verwendung des besten Materials, feinster Verarbeitung sowie allergrößter Präzision.
Eine halbe Million Federn...
Die Spirale bildet einen der wichtigsten Bestandteile der Uhr. Sie sitzt auf der Unruh. Die Herstellung dieser winzigen Spiralen ist sehr kompliziert, Spiralfedern für kleine Uhren wiegen nur 2 Tausendstel Gramm ausgewalzt (0,01 mm). Ein Kilogramm solcher Federn (500 000 Stück) würde einige zigtausend Mark kosten!
Der 1/1000 Millimeter
Gewisse Uhrenbestandteile sind auf den Tausendstelmillimeter genau gearbeitet. Der 1/1000 Millimeter entspricht dem 50sten Teil der Dicke eines menschlichen Haares. Uhrenteile werden so genau in Serie produziert!
50 000 Schrauben in einem Fingerhut
In kleinen Uhren werden Schrauben verwendet, deren Kubikinhalt nur 0,054 mm3 beträgt. Diese Schräubchen sind für unser Augen kaum sichtbar Man braucht etwa 50000 Schräubchen, um einen Fingerhut prall zu füllen. Jede dieser Schrauben besitzt ein tadelloses Gewinde und einen fein polierten Kopf. Dies gibt einen Begriff von der ungeheuren Präzision, die in der Uhrenfabrikation beachtet werden muss. Auch wird klar, welch hohe Anforderung an die Geschicklichkeit eines Uhrmachers gestellt wird, der die kleinen Uhren reparieren muss.
Uhren und Temperaturen
Temperaturschwankungen beeinflussen den Gang der Uhr. Eine einmalige und dauerhafte Temperaturveränderung von 5°C genügt, um die mechanische Uhr eine Minute vor- oder nachgehen zu lassen. Die meisten Uhren werden aber täglich mehreren größeren Temperaturschwankungen ausgesetzt ... und gehen trotzdem genau. Warum? Weil sie so konstruiert sind, dass diese Einflüsse entweder automatisch kompensiert oder ganz ausgeschaltet werden. Ermöglicht durch das Temperaturverhalten unterschiedlicher Metalle bzw. Legierungen.
Warum die Feder bricht
Die Uhrfeder einer alten Armband- oder Taschenuhr besteht aus einem dünnen Stahlband, dessen Struktur nicht homogen ist. Federbrüche sind aus diesem Grund unvermeidbar, denn die stete Spannung der Feder ermüdet das Metall. Dünne, gut gehärtete Uhrfedern ergeben eine größere Ganggenauigkeit der Uhr als weiche. Sie brechen aber auch leichter, genau wie Glas leichter bricht als Gummi. Eine Feder kann ohne Schuld des Fabrikanten, des Uhrmachers oder des Trägers brechen. Auch darf aus einer gebrochenen Feder keinesfalls geschlossen werden, dass sie von schlechter Qualität war.
Quelle: Uhren-Magazin Jahrbuch 1999, Verlags GmbH Bremen.